- Die Beregnung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen, öffentlichen und privaten Grünflächen wie Parkanlagen und Gärten sowie von Sportanlagen wie Fußball-, Tennis- oder Golfplätzen mit Schlauchtrommelberegnungsanlagen / Trommelberegnungssystemen mit Großflächenregnern (Beregnungskanonen) und Rasensprengern wird täglich in der Zeit von 12:00 Uhr bis 15:00 Uhr untersagt.
Die Untersagung gilt sowohl für Wasser der öffentlichen Trinkwasserversorgung sowie für erlaubnisfreie als auch zugelassene Wasserentnahmen aus Brunnen zur Beregnung. Die gültigen wasserrechtlichen Erlaubnisse werden insoweit eingeschränkt. - Die Allgemeinverfügung tritt am Tag nach ihrer Bekanntgabe in Kraft.
- Die sofortige Vollziehung von Ziffer 1 dieser Allgemeinverfügung wird angeordnet.
Begründung:
Eine Auswertung der durch den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) vorgelegten Grundwasserstände zeigt, dass 73% der Grundwassermessstellen im Landkreis Diepholz flächig einem fallenden bzw. stark fallenden Trend im Zeitraum 1997 bis 2017 aufzeigen. Die meteorologischen- und hydrologischen Wasserwirtschaftsjahre 2018 und 2019 verstärken die negative Entwicklung zusätzlich. Im Ergebnis wurden in den beiden letztgenannten Jahren historische Tief- bzw. Tiefstgrundwasserstände gemessen. Im Jahr 2022 zeigten Messstellen einen ähnlichen Verlauf wie in den Trockenjahren 2018 und 2019.
Eine weitere Grundlage zur Einschätzung möglicher negativer Entwicklungen auf die Grundwasserstände leitet sich aus dem meteorologisch/hydrologischen Dürreindikator des Helmholtzzentrums für Umweltforschung (UFZ) ab. Für die Einschätzung der Trockenheit bzw. Dürrestufe wird hierbei die aktuelle Bodenfeuchteentwicklung mit der Häufigkeitsverteilung aus einem 60-jährigen Zeitraum (Jahrgänge 1954 - 2013) verglichen und in fünf Dürrestufen dargestellt. Im Jahr 2022 wurde über eine Allgemeinverfügung die Beregnung in der Zeit von 12.00 Uhr bis 18.00 Uhr untersagt, da im Landkreis Diepholz nach Einschätzung des UFZ in den tieferen Bodenschichten (bis 1,8 m) die Entwicklung von einer überwiegend moderaten Dürre im Juli zu einer überwiegend schweren Dürre im August zu verzeichnen war. Aktuell zeigt der Dürreindikator im Landkreis Diepholz zwar noch keine Dürre an, sondern eine ungewöhnliche Trockenheit.
In den letzten Wochen wurde allerdings wiederholt festgestellt, dass trotz der hohen Temperaturen bei starker Sonneneinstrahlung in der Mittagszeit Flächen beregnet wurden. Es ist fachlich erwiesen, dass bei heißer, sonniger Witterung und/oder hohen Windgeschwindigkeiten - insbesondere bei der Beregnung mit Trommelberegnungssystemen und Großflächenregner (Beregnungskanonen) sowie auch Rasensprengern - eine wesentliche Menge des entnommenen Wassers verdunstet. Das führt dazu, dass die Grundwassersituation sich weiter verschärft, obwohl kein effektiver Nutzen durch die Beregnung entsteht.
Aufgrund der hohen Temperaturen und der anhaltenden Trockenheit sowie der nicht absehbaren Entspannung ist ein sparsamer Umgang mit dem Grundwasser zwingend notwendig.
Gemäß § 5 WHG ist jede Person verpflichtet, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden um eine mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt gebotene sparsame Verwendung des Wassers sicherzustellen.
Die Untere Wasserbehörde des Landkreises Diepholz ist für den Erlass dieser Allgemeinverfügung nach § 128 Abs. 1 Niedersächsisches Wassergesetz (NWG) vom 19.02.2010 (Nds. GVBI. S. 64), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 22.09.2022 (Nds. GVBI. S. 578), zuständig. Sie ist aufgrund des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens gehalten die sparsame Verwendung des Wassers zu regeln, um nachteilige Gewässerbeeinträchtigungen zu verhindern. Von dieser Möglichkeit macht der Landkreis aufgrund der historisch niedrigen Grundwasserstände in Verbindung mit der beschriebenen Dürreentwicklung und den damit im Zusammenhang stehenden aktuellen Witterungsverhältnissen einschließlich der voraussichtlich fehlenden Entspannung hiermit Gebrauch.
Da die Adressaten der vorstehenden Regelung zu Ziffer 1 nicht individuell bestimmbar, sondern nach allgemeinen Merkmalen bestimmbar sind und darüber hinaus zahlenmäßig nicht feststehen, wurde von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Allgemeinverfügung gemäß § 35 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vom 23.01.2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25.06.2021 (BGBl. I S. 2154), in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) vom 03.12.1976, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.09.2022 (Nds. GVBl. S. 589), zu erlassen.
Die Allgemeinverfügung ist geeignet, um vorsorglich die Lebensgrundlage Wasser und damit das Wohl der Allgemeinheit zu schützen sowie zu erhalten. Sie ist ein geeignetes Mittel zur Erreichung der Absicherung der wassermengenwirtschaftlichen Anforderungen im Zuständigkeitsbereich des Landkreises Diepholz. Darüber hinaus stellt sie auch das mildeste Mittel dar um das Grundwasser als Lebensgrundlage des Menschen und als nutzbares Gut (z. B. Trinkwasserversorgung) zu erhalten, da erlaubte Entnahmemengen nicht verringert werden, sondern die Nutzung nur zeitlich über Stunden von 12:00 Uhr bis 15:00 Uhr eingeschränkt wird, damit die Allgemeinheit und die Einzelnen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt werden.
Dabei bezieht sich die Beschränkung auf einen Zeitraum, welcher nach derzeitigen fachlichen Erkenntnissen ein hohes Wassereinsparpotential bietet, da hier die Verdunstungsverluste an der Düse um bis zu rd. 30% reduziert werden können. Ein anderes, gleich wirksames und dennoch weniger einschneidendes Mittel ist nicht erkennbar.
Das öffentliche Interesse am Erhalt der ökologischen, wassermengen- und wassergütewirtschaftlichen Funktion sowie der Schutz des Grundwassers überwiegt das private Interesse Einzelner an der Möglichkeit der Nutzung des Grundwassers in der Zeit von 12:00 Uhr bis 15:00 Uhr sowie des damit teilweise einhergehenden wirtschaftlichen Interesses. Zumal die Beregnung außerhalb des vorgenannten Zeitraums bei Vorliegen einer wasserrechtlichen Erlaubnis weiterhin zulässig ist. Damit ist die Allgemeinverfügung auch angemessen und insgesamt verhältnismäßig.
Eine kleinräumigere Betrachtung auf kommunaler oder wasserversorgerbezogene Ebene trägt regional kleinräumig möglicherweise vereinzelt zur Zielerreichung bei, steht jedoch im erkennbaren Missverhältnis zum angestrebten Erfolg die Lebensgrundlage Wasser und damit das Wohl der Allgemeinheit im gesamten Landkreis Diepholz zu schützen und die Absicherung der wassermengenwirtschaftlichen Anforderungen zu erhalten.
Die zeitliche Beschränkung der Wasserentnahmen zur Ressourcenschonung wäre auch gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b) WHG individuell in einer wasserrechtlichen Zulassung rechtlich - auch nachträglich - zulässig, damit schädliche Gewässerveränderungen (übermäßiger Wasserverbrauch) vermieden werden. Wenn Entsprechendes in wasserrechtlichen Zulassungen rechtlich vorgesehen ist, gilt dies analog gleichermaßen für eine Allgemeinverfügung.
Die Anordnung dieser Maßnahmen dient im Sinne des § 47 Abs. 1 WHG auch der Erreichung der Bewirtschaftungsziele für das Grundwasser. Danach ist ein guter mengenmäßiger Zustand zu erhalten oder zu erreichen. Dazu gehört insbesondere ein Gleichgewicht zwischen Grundwasserentnahme und Grundwasserneubildung.
Diese Allgemeinverfügung ergeht aufgrund der anhaltenden Verhältnisse und zur Vermeidung etwaiger Verschlechterungen unbefristet. Bei einer signifikanten Verbesserung der bestehenden Situation erfolgt die Aufhebung.
Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung:
Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vom 19.03.1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2023 (BGBl. I S. 71), wird die sofortige Vollziehung der Maßnahme angeordnet.
Grundsätzlich hätte ein Rechtsbehelf gegen diese Allgemeinverfügung gem. § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Das heißt, dass die Allgemeinverfügung im Falle eines Widerspruchs / Rechtsbehelfs zumindest für die Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens nicht vollzogen werden könnte.
Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung ist gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO damit begründet, dass aufgrund der anhaltenden Wetterlage mit sehr geringen Niederschlagsmengen und den dadurch bedingten Gefahren für das Grundwasser sofortiges Handeln dringend geboten ist. Es könnte bis zum Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens weiter Wasser direkt oder indirekt aus dem Grundwasser entnommen und übermäßig verbraucht werden. Damit ist ein unverzügliches Handeln des Landkreises Diepholz ohne Aufschub im öffentlichen Interesse zum Schutz des Grundwassers als Lebensgrundlage des Menschen und als nutzbares Gut geboten.
Hinweise:
Diese Allgemeinverfügung gilt gemäß § 41 Abs. 4 S. 4 VwVfG einen Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekanntgegeben.
Zuwiderhandlungen gegen diese Allgemeinverfügung stellen eine Ordnungswidrigkeit dar und können im Einzelfall mit einem Bußgeld bis zu 50.000 Euro geahndet werden (§ 103 Abs. 2 WHG).
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch schriftlich oder mündlich zur Niederschrift beim Landkreis Diepholz, Niedersachsenstr. 2, 49356 Diepholz, eingelegt werden.
Der Widerspruch kann auch auf elektronischem Weg an den Landkreis Diepholz gesandt werden. In diesem Falle ist zu beachten: Nur solche förmlichen Anträge und Widersprüche, die über das „Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach" (EGVP) an den Landkreis Diepholz senden, gelten als rechtswirksam gestellt bzw. erhoben.
Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann bei dem Verwaltungsgericht Hannover, Leonhardtstraße 15, 30175 Hannover, Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gestellt werden. Der Antrag kann auch in Form eines elektronischen Dokuments nach Maßgabe der Nds. VO über den elektronischen Rechtsverkehr in der Justiz vom 21.10.2011 (Nds. GVBl. S. 367), zuletzt geändert durch VO vom 11.11.2015 (Nds. GVBl. S. 335) eingelegt werden.
Diepholz, 15.06.2023
Landkreis Diepholz
Der Landrat
in Vertretung
gez.
Tammen
Kreisrätin